Ein Himmel So Nahe, Von Betool
Khedairi
Von Michel Maiello, (The New York Times, 12 Aug 2001, books in brief ).
Der anonyme Erzaehler, des ersten jedoch gelungenen Romans von Betool
Khedeiri, nimmt schon von Anfang Partei an. Es ist ja natuerlich dass das
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jaehriges Maedchen eher mit ihrem irakischen Vater als mit ihrer
Englischen
Mutter sympathisiert . Ihre Mutter ist ja die ungnaedige Auslaenderin, die
ihr
staendig verbietet die Freundin Khaddouja in ihrer Huette hinter dem
Bauernhof
zu besuchen.
Als das Maedchen aelter wird zieht die ganze Familie nach Bagdad um. Auf
Wunsch Ihrer Mutter studiert die Erzaehlerin Ballett. Ironischerweise,
behauptet die Erzaehlerin, wird das junge Maedchen, gerade durch das aus
dem Westen stammenden Ballett, von der durch ihre unduldsame Mutter
generierte Selbsstverhassung befreit. Waehrend sie ihren Gedanken
nachfolgt sagt sie: „ Nicht einmal meine Hautfarbe aergert mich jetzt“.
Die sorghafte Uebersetzung von Muhayman Jamil, uebermittelt uns ein
beeindruckendes und reiches Werk. Die Schriftstellerin Khedari ist sparsam,
doch fasst sie sich nie zu kurz. Aus der Zeit der Jugend der Erzaehlerin,
gehen der Iran-Irak Krieg, der Tod ihres Vaters und ihr ersten Geliebter,
einen wehrverpflichtiger Bildhauer, hervor.
Sie zieht, wegen der Verschlimmerung des Brustkrebs ihrer Mutter nach
London um. Sie selbst, jetzt eine Auslaenderin in London, begreift ihre
beiden kulturellen Milieus und hِoert auf Partei zu nemmen.
Mit ihrem Schritt in die Welt der Erwachsenen wird Leidenschaft aber auch
Freiheit in ihr Leben gebracht.
REUTERS- Artikel
Von Claudia Parsons
Irakische Autorin beschreibt den schwarzen Regen des Krieges
Manama Bahrain 9.02.2003
Betool Khedairi ist eine Romanschriftstellerin aus dem Irak. Sie sieht den
Golfkrieg mit den Augen des Westens anhand der Zeitungsartikel, waehrend
sie durch Briefe, die sie aus Bagdad erhaelt, das unendliche Chaos der
Angst, desSchreckens und der Finsterniss mitterlebt.
„Ich war vِoellig entsetzt. Meine Familie war in Bagdad, waehrend ich aus
dem
Aussland die Finsternis und die Bomben die mein Land zerstoeِrten ansehen
musste“. „Wir waren wie gelaehmt“ sagte Khedairi nachdem sie eine Passage
aus
ihrem Roman Ein Himmel So Nahe vorlass.
Der Roman ist die Geschichte eines Maedchen, das in Irak als Kind einer
englischen Mutter und eines irakischen Vaters geboren wird. Die Autorin
meint ihr Buch würde den Unterschied zwischen den westlichen und
oestlichen
Ansichten wiedergeben.
Im Roman erlebt die Heldin den Iran-Irak Krieg in Bagdad, waehrend sie
spaeter
den Golfkrieg von London aus erleben muss. Aus der Perspektive des von den
Vereinigten Staaten geführten Krieges gegen den Irak, hat das Buch die
Interesse des Publikums geweckt.
„Es ist mir aufgefallen dass in den letzten sechs Monaten, das Publikum
immer
mehr Interesse an der Ost-West Konfliktthematik hat. Das Publikum mِoechte
eher die Kultur und die Menschen aus dem Irak kennenlernen.Es mِoechte
über
Irak mehr wissen, als das von der Presse vorgestellte Bild“, meint
Khedairi
am Ende einer Vorlesung in Bahrain.
Saemtliche Buchpassagen wirken bekannt, da sie an die aktuellen
Kriegsdrohungen Washingtons erinneren. Wegen angeblichem Besitz von
Massenvernichtungswaffen wird dem Irak jetzt mit Krieg gedroht. Die Heldin
des Romans liest, in einem Kaffehaus, die Titel einer Zeitung: „Der
endgültige Termin naehert sich“. „Verhandlungsvorschlaege und Verpasste
Verhandlung.“ Waehrend die Vereinigten Staaten riesige Streitkraefte in
die
Golfzone schicken, nimmt die Heldin des Romans an Friedensdemonstrationen
teil.
Das Leben der Schriftstellerin, ist in demjenigen der Hauptgestalt
wiederzufinden. Ihr Vater war Iraker und ihre Mutter Schottin. Jetzt ist
sie
37. Nachdem sie 24 Jahre in Bagdad lebt, zieht sie zuerst nach London, und
schliesslich nach Iordanien um. Sie behauptet das Buch waere nicht ihre
eigene Biographie, obwohl es auf ihre Erfahrungen waehrend des Golfkrieges
beruht. „Zu jener Zeit half ich meiner kranken Mutter. Sie leidete an
Krebs
und ich unterlag einer doppelten Agonie. Als ich an ihrem Bett sass und
die
Nachrichten sah, sammelten sich meine Gedanken und Gefühle. Ich versuchte
sie durch Schreiben zum Ausdruck zu bringen. Ich schrieb über wahre
Tatsachen und Gedanken die sich in meinem Geist ansammelten.“
Es regnet mit Bomben.
Wie auch andere Menschen hofft Khedairi dass kein anderer Krieg ausbrechen
wird. So ein Krieg waehre die grِssoete Katastrophe. „Der Golfkrieg von
1991 war
schon eine Katastrophe, aber dieser Krieg wird schlimmere Folgen haben“,
sagt die Schriftstellerin.
Wir haben es schon einmal erlebt. Sollte der Krieg wieder ausbrechen,
wissen
wir schon jetzt was passieren wird. Es ist überhaupt nicht angenehm diese
Erfahrungen immer wieder, wie ein abscheuliches Szenarium, mit zu erleben.
Im Roman erhaelt die Erzaehlerin Briefe aus Bagdad die das Kriegschaos
beschreiben. „ Es regnet mit Bomben. Du kannst dir kaum vorstellen was wir
erleben. Der schwarze Regen bedeckt die Strassen, die Gaerten und die
Hausdaecher mit einer Decke, die wie schwarze Faeulniss aussieht. Deswegen
sind
die Tagen grausamer als die Naechte“, schreibt sie.
Der erste Teil des Romans, der die Kindheit der Hauptheldin darstellt,
handelt über die kulturellen Unterschiede ihren zwei Eltern. Khedairi
behauptet sie haette keine politischen Vorurteile als sie den Roman
schrieb.
Jedoch hofft sie hiermit den Abstand zwischen dem Westen und dem Osten
überbrücken zu kِoennen.
„Ein Freund meinte, dass es Leute gibt die glauben, das wir noch immer
Kamele
in dieser Gegend benützen“, sagt Khadeiri. „Wenn ich als Schriftstellerin
nichts aendern kann, müsste ich mindestens versuchen, den Abstand zwischen
den zwei Kulturen zu überbrücken; damit die Menschen sich besser
miteinander
verstaendigen kِoennen“, fügte sie hinzu. „Du kommst dir gelaehmt vor, da
du
nichst dagegen tun kannst aber mindestens muss man es versuchen“.
Khedairi hat fast ihr zweites Buch fertig geschrieben. In diesem Buch
stellt
sie die Folgen des UN-Embargo dar. Sie hofft das Buch wird in einem Jahr,
gleichzeitig arabisch und english, verlegt.
Das Buch handelt über die Folgen des Embargo auf die Infrastruktur und
über
die Unausgeglichenheit der sozialen Struktur. „Es ist eigentlich ein
psychologisches Studium des normalen Bürgers, wie er war und was aus ihm
nach 10 bis 12 Jahren geworden ist“, sagt sie. „Mein Roman will nicht
Kontroversen hervorrufen, eher würde ich ihn als bahnbrechend bezeichnen.“
Der „Himmel“ transponiert einen West
– Ost Konflikt.
Ein Himmel So Nahe
Von Betool Khedairi
Von Yasmine Bahrani, USA TODAY, 2001
„Die irakischen Kindern singen Lieder, um die Schnecken aus ihrem Gehaeuse
herauszulocken“, schreibt Betool Khedairi. Der 36 jaehrigen irakischen
Schriftstellerin ist dasselbe mit ihrem 1999 veroeِffentlichen Roman, „Ein
Himmel So Nahe“, gelungen.
Durch ihre sanfte Beschreibungen, scheint sie so ein Lied den Irakern vor
zu
singen, um diese aus ihren Gehaeusen heraus zu locken. Denn aehnlich den
Schnecken scheinen die Iraker Gehaeuse gebaut zu haben um sich vor den
jüngsten Erreignissen in ihrer Geschichte zu beschützen. Durch diese
selbstgebauten Gehaeuse werden sie bis zu letzt ersticken. Die irakischen
Schriftsteller und Künstler üben eine Form von Autozensur aus. Sie
vermeiden
Tabuthemen wie Sex oder Rassenhass.
Diese Geschichte die neulich aus dem Arabischen übersetzt wurde, wird auch
einen westlichen Leser fesseln, obwohl sie auch andere Bedeutungen mit
sich traegt. Im Roman wird das Heranwachsen einer jungen Frau, die wie
auch
Khedairi in Bagdad als Tochter eines irakischen Vater und englischen
Mutter
geboren wird, geschildert. Schon dieses allein entfaltet Konflikte, mit
denen auch in der Realitaet viele Iraker geboren werden, und zwar die
zersplitterte kulturelle Identitaet der Nation. Aehnlicherweise erlebt
auch
dieses Maedchen taeglich Konflikte zwischen dem orientalischen Verhalten
ihres
Vaters und dem westlichen Lebenstil ihrer Mutter.
Khedairi illustriert die Spannungen zwischen den zwei Welten auf einem
persoenlichen Niveau.Die Mutter kann sich an den Nah-Ostlebensstiel nicht
anpassen und ist
staending abweisend. Der Schottenkleebaum, der von Bagdadern hoeِchst
beliebt
ist, würde zu viele Blaetter fallen lassen und dadurch den Garten
verschmutzen, meint die Mutter. Der Baum soll verschwinden. Sie verbietet
ihrer Tochter
staendig mit den Kindern aus der Nachbarschaft
zu spielen, weil sie Laeuse haetten.
Trotzdem beschreibt sie feinfühlig, die wiedersprechlichen Gefühle des
Maedchens ihrer Mutter gegenüber. „Ich pflegte meine Mutter zu beobachten.
Als sie ihre Lippen bewegte um zu antworten enthüllte sie ihre Zaehne, die
mir wie eine Reihe Anschwellungen so klein wie Mandeln vorkammen. Als sie
sprach, bewegten sich ihre Mandeln, sowie dessen einer Sopranosaengerin;
sie
schienen und klangen wie schwirrende Tamarindkerne“.
Solche Spannungen verschlimmern meistens die Konflikte in der Familie.
Eines
Tages sagt ihr Vater ihrer Mutter: „So lange du in diesem Haus lebst, muss
du unsere Braeuche akzeptieren.... Und wenn du es anderswie willst, dann
lass
uns scheiden.. Das Kind gehoeِrt aber mir; und wird mir bleiben. Das
verspreche ich dir. Die Gesetzte sind auf meiner Seite.“
Das Maedchen hat die dunkle Gesichtsfarbe ihres Vaters geerbt, aber in
einem
Bagdad voller Vorurteile wendet sich dieses sozial und psychologisch gegen
sie. Ueber so eine Familie zu schreiben, bedeutet auch die komplizierte
soziale Gliederung aus dem Irak darzustellen. Diese ist aber den meisten
West sowie auch dem Nah-Ostzuschauer unbekannt.
Die von Khedairi erlaeuterten Beispiele für Differenzen zwischen dem
Westen
und dem Nahen-Osten kِoennen ermüdend vorkommen, aber sie versucht soziale
Praktiken auszudrücken, die kaum in Frage gestellt werden. Die Thematik
und
die ausführliche Darstellung der Liebesgeschichten und der sexuellen
Beziehungen der unverheirateten jungen Frau, sind Themen die in dem
konservativen Nahen-Osten überhaupt nicht akzeptiert werden. Dadurch hat
dass Werk Khedairis die arabische Welt erschüttert.
Das Balletstudium befreit aber die Heldin in ihrer Jugend. „Nicht einmal
meine Hautfarbe ist mir noch unangenehm ... Ich sprang nach vorne um einen
niedrigen Jète zu leisten, danach einen anderen, einen hoeِheren Jète, und
einen dritten immer hِoeheren. Mein Koeِrper schien leicht wie mein
Schatten zu
sein.“
Der zweiten Teil des Romans wiedspiegelt das Thema des Ueberlebens.
Waehrend
die Hauptgestalt erwachsen wird, sieht sie zu wie ihr Land zu Grunde geht.
Irak ist wegen dem endlosen Krieg gegen den Iran verwüstet und spaeter,
vor
Ausbruch des Golfkrieges, sinkt es in unvorstellbare Armut.
Auch der jungen Frau geht es nicht besser. Sie bleibt einsam in London und
muss mit einer unglücklichen Liebe und einer Abtreibung zurechtkommen.
Auch
ihr Leben ist verwüstet. Der Roman endet in einem traurigen Ton, und
leider
dürften die Irakern sich damit identifizieren. Doch der Roman ladet die
irakische Lesern dem Graus ins Gesicht zu sehen, indem sie ihr Land in
Fetzen und den irakischen Mittelstand im Exil sehen.
Der Roman ist für die westlichen Leser nicht nur eine couragierte
Erzaehlung,
er bietet die Moeِglichkeit den menschlichen, von seiner weltverfremdenen
Politik entkleideten Irak kennenzulernen. Die Politik die das Land
unzugaenglich gemacht hat wird im Roman übersehen. Dieses ist nicht der
Irak
aus den Schlagzeilen sondern der menschliche Irak.
Der angehendste Aspekt des Romans „Ein Himmel So Nahe“ ist wahrscheinlich
die Tatsache dass der Irak ein traurigeres und leidenderes Land ist, als
das, das uns durch die Zeitungsschlagzeilen übermittelt wird.
Trauer ist wenn mann seine Liebsten
verliert
Von Connie Smith * , 2002
Jenige Menschen, die im Leben ihre Liebsten verlieren, reagieren sehr
unterschiedlich. Manche werden bitter, sarkastisch oder rau. Sie koeِnnen
hoenisch und misstraurisch werden. Besonders empfindliche Personen koennen
sich, in so einem Fall, vom Leben emotional distanzieren. Anderseits
wuerden
begabte Schriftsteller einen Roman, wie zum Beispiel Ein Himmel So Nahe
von
Betool Khedairis, erschaffen.
Khedairi wird im Irak, dem Vaterland ihres Vaters, volljaehrig. Ihr Roman
ist ihrem Vater und ihrer schottischen Mutter gewidmet. „Fuer meinen Vater
und meine Mutter; von denen ich mich vorzeitig trennen musste“.
Der Anfang des Buches beginnt in einem traurigen Ton.
Im Erste Teil ihres Romans wendet sie sich direkt an ihren Vater. Wie die
meisten Vaeter ist auch ihrer immer in der Arbeit. Die Erzaehlerin
behauptet
klaeglich: „Vater, du hast gesagt du wirst nicht lange weg bleiben,
trotzdem
sehe ich dich nur am Wochenende ... Das Laermen hat im Haus aufgehoeِrt
seit
dem du nie da bist.“
Ein Grund fuer die erhobenen Stimmen im Haus, sind die vorhersagbaren
Zwistichkeiten die sich aus den kulturellen Unetrschieden des irakischen
Vaters und der schottischen Mutter generieren. Die Familie wohnt auf einem
Bauernhof in Zafranyia. Das Spielen mit ihrer Freundin Khaddouja macht der
Erzaehlerin viel Spass. Der Vater hofft dass seine Tochter auf dem
Bauernhof
irakische Sitten und Arabisch sprechen lernen wird.
Waehrend sie eines Tages schaukelt freut sie sich sehr den Himmel so nahe
zu
sein. Doch ist dieses keine vollstaendig reine Idylle, da es beiden
Maedchen
Spass macht Schnecken, Insekte und andere Kleintieriere zu quaelen. Schon
in diesen fruehe Jahren beginnt die emotionaelle Distanzierung der
Erzaehlerin.
Die Mutter findet an dem Dorfleben keinen Spass und ist froh, nachdem ihr
Mann den ersten Herzanfall erlitten hat nach Rasafa, in Bagdad, umzuziehen.
Sie draengt ihre Tochter, sich in die Ballettschule einzuschreiben.
Nachdem die Heldin die Werte der schoeِnen Kuenste schaetzen lernt, widmet
sie
sich leidenschaftlich ihren Studien.
Auch ihre Beziehung zu ihrem Vater verbessert sich. Sie hilft ihm in
seiner
Arbeit, und freut sich in dem Gebiet der Aroma und Farbentwicklung wirksam
zu sein. Dieser Teil des Romans ist lebhaft und bildlich dargestellt. Er
ist
sinnreich und geruhsam.
Trotzdem steigert sich die Spannung innerhalb ihrer Familie und die
Erzaehlerin erwartet jeden Augenblick die Nachricht der Ehescheidung ihrer
Eltern. Statt dessen erfaehrt sie aber ueber den Ausbruch des Krieges
gegen
den Iran.
Selbstverstaendlich bringt der Krieg frische Probleme in ihr schon
schwieriges Leben. Waehrend die Kriegsverluste des Staates wachsen,
verstummt
die Erzaehlerin durch einen persoeِnlichen Verlust, ihr Vater erleidet
einen
fatalen Herzanfall.
Die schoeِnen Kuensten koeِnnen ihre Verehrer nicht verteidigen, sondern
werden,
von dem Krieg, selbst als wertlos erklaehrt. Ein Bildhauer, zertruemmert
mit erstaunlicher Indifferenz sein Kunstwerk, genau so wie er die Traeume
und die Schuldlosigkeit der Erzaehlerin
zerschmettert.
Mit 30 gelangt die Erzaehlerin nach England, wo sie ihre Mutter durch
Krebs
verliert und als Uebersetzerin arbeitet.
„Desert Storm“, der von Irakern als „Die Mutter aller Schlachten“ benannt
wird, bricht los, und die grausamen Briefe aus dem Irak kِoennen die junge
Frau nicht in ihrem Elend trِoesten. „Mein Leben rotiert um meine Arbeit;
am
Abend fernsehn, und am Morgen, ِOeffnen der Briefe waehrend einer Tasse
bitteren Kaffees.“
Waehrend der Leser sich durch diese schmerzhaften Berichte durchkaempft,
entdeckt er plِoezlich brilliante Passagen. Der Dialog in dem
Krebskrankenhaus ist anruehrend und mitleidseregend, manchmal aber sogar
ueberraschend lustig.
Am lebendigsten aber wirken doch die Passagen die das Leben der Heldin in
Zafranyia beschreiben. Die gelungene Schilderung des Lebens in Zafranyia,
und der dortigen Kinderspiele, geben die Realitaet einer fremden Welt
wieder,
die aber langsam anfaengt familiaer zu wirken.
Schliesslich ist dieses ein grosser Gewinn, und ein genuegender Grund zu
der
Lektuere dieses exotischen Romans.
* Connie Smith ist English Lektor auf der Mary Washington University
Ein Himmel So Nahe ist ein schِoen
geschriebener und geschickt übersetzter
Roman, in dem waehrend der Schilderung der Lebensgeschichte einer Frau,
die
Grenzen zwischen dem Osten und dem Westen betreten werden.
ZWEI KULTUREN
Von Norbert Schurer *
Journal Book Reviewer, 2001
Ein Himmel So Nahe
Von Betool Khedairi
So einen Roman ist heute insbesonderes interessant und willkommen, da wir
in
Gefahr laufen im Nahen Osten ohne Ueberlegung zwischen Freund und Feind zu
unterscheiden. Das Buch ist von einer in Irak geborenen Schriftstellerin
geschrieben die zur Zeit in Jordanien lebt. Das Buch wurde auf Arabisch
geschrieben (in einer brillianten Uebersetzung von Dr. Muhayman Jamil) und
zuerst in Libanon verِoeffentlicht. Deshalb scheint dieses Buch aus dem
allgemeinen Nahen Osten zu stammen, das nicht einer bestimmten nationalen
Literatur eigen ist. Uebrigens überschreitet der Roman die Grenze zwischen
dem Orient und Okzident indem es die vermutlichen Unterschiede zwischen
den
zwei Zivilizationen vorstellt und gleichzeitig entschaerft.
In „Ein Himmel So Nahe“wird das Leben der unbenanten Erzaehlerin, von der
Zeit ihrer Kindheit in Irak, bis zu ihrem dreisigsten Lebensjahr in London
geschildert. Jedes der laengeren Kapitel beschreibt eine Epoche ihrer
Entwicklung. Als sechsjaehriges Maedchen einer Englischen Mutter und eines
Irakischen Vaters, lebte sie in Irak auf einem Dorfe, wo sie eine
irakische
Freundin hat.
Mit zehn ziehte sie nach Bagdad um.In Bagdad besucht sie eine
Ballettschule
waehrend des Iran-Irak Krieges.
Den Golfkrieg lebt sie aus London mit. Alle diese Episoden ihres Lebens
sind
oft elend. Trotzdem tritt die Erzaehlerin, aus jeder dieser Erfahrungen,
als
eine gestaerkerte Frau hervor.
Aus guten Gründen ist der Roman Ein Himmel So Nahe anziehend. Erstens ist
der Styl (oder die Uebersetzung) schoeِn. Der Vater der Erzaehlerin
entwickelt und benennt Aromas und Farben für einen Gewürzbetrieb in Bagdad
wo für kurze Zeit auch die Tochter an Seite ihres Vaters arbeitet.
In diesen Momenten der Namengabe – wenn weisses Pulver zu Sodakreme,
Süsser
Marmor oder Muschelsplitter wird – entsteht zwischen Vater und Tochter ein
Bund, dem die Mutter kein Gleiches entgegenhalten kann.
Selbst die Beschreibungen in Khedairis Roman sind wunderbar, so zum
Beispiel der Wiederspruch „Zeit voll Leere“, oder der metaphorische
Ausdruck
„mit patriotischen Lieder waehrend des Krieges bombardiert“.
Der Styl und die Fabel ist beinahe vollkommend, als die Erzaehlerin die
Ballettschule waehrend des Iran-Irak Krieges besucht.
Photo:
Naher Osten : Die Erzaehlerin, deren Mutter Englaenderin und deren Vater
Iraker war, ist in dem Irak grossgewachsen.
In der Doppelgeschichte verwendet die Erzaehlung durch und durch den
Praesens.
Die intensivierten Vorbereitungen der Ballettruppe werden gleichzeitig mit
den Militaerberichten der Truppenbewegungen verfolgt.
Waehrend die Zahl der Leichen die nach Bagdad zurückgelangen sich
vergoeِssert, beginnt die Ballettruppe eine Todesszene zu üben. Im
Hِoehepunkt
des Kapitels, tanzt die Erzaehlerin endlich vor auslaendischen Diplomaten.
Gleichzeitig wird die Ballettschule geschlossen und ihre Schüler sind
dabei
die Balettübungen mit Schiessübungen zu tauschen.
In einer aehnlichen doch komplizierteren Gegenueberstellung wird innerhalb
eines von den naechsten Kapiteln der Briefwaechsel mit einer Freundin, das
Leben in einem Krebskrankenhaus, Berichte über den Golfkrieg mit den
Traeume
und Erfahrungen der Erzaehlerin in London verknüpft.
Ausser der Finesse der Fabel und des Stils des Romans „Ein Himmel So Nahe“,
wird eine Serie von kulturellen Vergleichen, in dem die Helden nicht
gezwungen sind Partei zu ergreifen, geboten. Die Mutter moechte dass ihr
Kind
in einer hygienischen Umgebung gross waechst. Das bedeutet aber das Kind
von
ihrer beste Freundin auf dem Dorfe zu trennen.
Die Erzaehlerin lernt einerseits das mytische Ungeheuer Siluwa kennen, das
aus dem Wasser herauskommt um kleine Kindern zu fressen, anderseits kennt
sie auch die westliche Geschichte von Schneewitchen.
Der Vater will dass seine Frau glücklich sei; trotzdem ist er von Anfang
an
nicht damit einverstanden nach Bagdad umzuziehen, obwohl sie in Bagdad
Zufriedenheit in ihrer Arbeit finden koeِnnte.
Die Mutter waescht ihr Haar in der Küchenspühle und dass aergert ihn. Er
will,
dass sie die traditionelle kleine Schüssel, die in einem groeِsseren Topf
mit
heissem Wasser schwimmt benütze.
Auch wenn diese Details unwichtig erscheinen erwirken sie am Ende
Ehekonflikte und Streit. Jedoch waere es viel zu einfach die zwei
Gestalten
als die Vertreter ihrer zwei Zivilisationen zu betrachten. Sie bieten der
Erzaehlerin zwei verschiedene Lebensmodelle und Referenzen. Trotzdem kann
die
Wahl nicht Schwarz oder Weiss sein, sondern individuell muss zwischen den
verschiedenen Grautِoenen gewaehlt werden.
Zum Schluss findet die Erzaehlerin einen Kompromis. Jedoch ist es klar,
dass
ihr Leben nichts anderes als ein in Entwicklung stehendes Werk ist. Da
das Leben in Wirklichkeit auch so ist, ermuntert es einen zu sehen, das
die
Literatur diese Komplexitaet entschuldigungslos zur Kenntniss nimmt.
Würden mehrere Menschen Bücher wie „Ein Himmel So Nahe“ lesen, so würden
wir
weniger Stereotypen über andere Kulturen, und über uns selbst haben.
*
Schuerer unterrichet English auf der Wake Forest Universitaet
USA TODAY / Die Irakische
Verfasserin unterstreicht die
Gemeinsamkeiten menschlicher Natur. Von Donna Leinwand –
17- 02- 2003
MANAMA, BAHRAIN – Schon am Anfang unserer
Besprechung stellt die in Irak geborene Autorin, Betool
Khedairi, klar, dass sie mit der aktuellen Besessenheit von
Saddam Husseins Diplomatie nichts zu tun haette. Sie behauptet,
sie haette lediglich ueber Menschen und deren Beziehung zueinander und zur
Kultur schreiben wollen. Weder weisst sie auf eine heimliche
Agenda oder Standpunkte hin, noch betrachtet sie kritisch die
bange Diplomatie die soeben die Welt in Spannung haelt.
Jedoch stimmen solche Behauptungen nur teilweise da es
eigentlich ausgeschlossen ist, Iraks politische Zustaende von
seinen Menschen zu trennen. In ihrem 2001 verِoeffentlichen Buch
„Ein Himmel So Nahe (das 13 US Dollar teure Taschenbuch
wurde bei Anchor verlegt), stellt sie anhand eines Kindes einer
englischen Mutter und eines irakischen Vaters den
Zusammenstoss zwischen Westen und Osten dar. Die Heldin ist
zwischen diesen Welten auf der Suche nach seelischem
Gleichgewicht.
„Es ist so als ob ich dem Leser eine Kollektion von Bildern und
Skizzen vorlegen wuerde. Ich lege sie auf den Tisch und verlasse
danach den Raum“, sagte Khedairi. „Jeder Leser hat die
Mِoeglichkeit die Bilder in seiner eigenen Art anzusehen und
entsprechend zu interpretieren. Ich liebe es nicht meine eigenen
Gedanken durchzusetzen.“
1965 wurde die Autorin als Tochter einer schottischen Mutter
und eines irakischen Vater im Irak geboren. Khedairi lebte in
Bagdad bis 1990, das Jahr in dem ihr Vater in einem Autounfall
starb. Hier studierte sie an der Universitaet franzِoesische Literatur.
Anschlissend zog sie nach London, um ihrer leidenden Mutter -
die 1993 starb - zu helfen. Zur Zeit lebt sie in Amman,
Jordanien.
Ihre Schwester und der Rest der Familie leben noch in Bagdad.
Ihre Seele ist immer noch dort, obwohl Sie in den letzten Jahren
nicht mehr in ihrem Vaterland gewesen ist. Khedairi ist ueber die
Ereignisse der
juengsten Vergangenheit in ihrem Land traurig und oft zornig.
Waehrend sie einer Gruppe von begeisterten Frauen in einer
Kunstgallerie aus Bahrein verschiedene Passagen ihres Buches
vorliesst, ist sie dem Weinen nahe. Die Passagen beschreiben
die Folgen des UN Embargos auf ihr Land. Sie behauptet, dass
die Leiden ihres Landes Irak sie entflammen wuerden und sie
zum Schreiben draengten.
„Schmerz ist, wenn Du krank bist und keine entsprechende
Arznei dagegen findest; Schmerz ist, wenn wegen fehlender
Nahrung und Arzneimitteln tausende von Kindern sterben oder
missgestaltet geboren werden; als Folge des Embargos. Wenn
man alle seine Habseligkeiten verkaufen muss um zu ueberleben,
dann kannst du das Schmerz nennen.“ Khedairi glaubt, dass
Kunst und Literatur Iraks Isolierung durchbrechen koennten und
auf Perspektive den Abstand zwischen Westen und Osten
ueberbruecken werden. Sie meint, sie kِoenne als Schriftstellerin die
Gemeinsamkeiten der menschlichen Natur ausdruecken und als
Kind zweier Kulturen, im Verstaendnis dafuer anleiten.
„Ich denke auf arabisch. Ich aeussere meine Gedanken und
Gefuehle auf arabisch. Ich druecke mich arabisch aus und
schreibe so. Das alles kommt aus meinem oeِstlichen Gemuet“,
behauptet sie. „Wenn ich aber Probleme zu lِoesen habe nuetzt
mir meine westliche Zugehoeِrigkeit mehr. Meine Logik kommt
vom Westen her.
Als sie die Rezensionen ihres Roman „Ein Himmel So Nahe“ las
stellte sie Unstimmigkeiten zwischen der arabischen Erlaeuterung
und der westlichen Interpretation fest. Khedairi behauptet, dass
Buchpassagen die von arabischen Kritikern gelobt wurden, die
westlichen Kritiker zu verwirren scheinen.
„Wenn Sie eine Sprache sprechen aber ich eine andere, so folgt
daraus, dass Sie eine gewisse Mentalitaet haben, waehrend ich
eine andere habe. Trotzdem sollten wir eine Weise finden um
uns miteinander zu verstaendigen. Selbstverstaendlich kann Kunst
unterschiedliche Standpunkte nicht veraendern, sie kann aber
wenigstens das Blutbad anhalten“, behauptet Khedairi.
translated into German by
Arab Multi-Media
(Maaz D. Shukayr and Associates),
Amman, Jordan
email: amm@nets.com.jo
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